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MAGAZIN

19.10.2021 Mit dem Architekten Christian Fischer-Wasels startet unsere Interviewreihe im MAGAZIN. Das Büro „Kränzle + Fischer-Wasels Architekten“ entwarf den Infopavillion "K."

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Das Architekturbüro "Kränzle + Fischer-Wasels Architekten" entwarf den Infopavillion "K." Seit dieser Spielzeit befinden sich hier die Tageskassen des BADISCHEN STAATSTHEATERS sowie das Büro der Sanierungskommunikation. Das Büro wurde für seinen Entwurf mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit der Hugo-Häring-Auszeichnung 2011 und beim Auszeichnungsverfahren „Beispielhaftes Bauen Stadt Karlsruhe 2005 bis 2012“. Im Interview erzählt Christian Fischer-Wasels, was ihn inspiriert hat und warum sein Beruf nie langweilig wird.

Sie sind ein traditionsreiches Architekturbüro. Nicht nur für den „K.“ auch für viele Wohnhäuser sind Sie ausgezeichnet worden. Sie entwerfen Gebäude, in denen Menschen leben, arbeiten, sich wohlfühlen sollen.
FW: Uns interessiert die Architektur, egal in welcher Form. Am liebsten probieren wir etwas Neues aus. Immer nur dasselbe machen langweilt uns. Wir wollen aus jeder Aufgabe das Besondere herauskitzeln. Dass wir viel Wohnungsbau machen, liegt daran, dass wir oft zu Wettbewerben eingeladen werden. Auf diesem Gebiet waren wir schon erfolgreich.
Eine ganz besonders tolle Aufgabe beim Infopavillon war für uns, dass wir an dieser exponierten Stelle relativ frei Architektur machen konnten. Wir wollten ein Gebäude bauen, dass auch als Skulptur im städtischen Raum wirken kann.

Passend zu seiner ursprünglichen Funktion als Informationszentrum für das Bauvorhaben „Kombilösung“, haben Sie sich bei der Form des Pavillons von einer Baumaschine inspirieren lassen. Ist das richtig?
Ja, ich zeige Ihnen hier einmal die Wettbewerbspläne. Hier sehen Sie eine Bohrmaschine. Die hat ein bisschen das Profil von unserem Gebäude. Aber es gab verschiedene Assoziationen. Die Baumaschine war eine – eine andere war eine Art Hochzeitsschleier. Das Gebäude arbeitet mit transparenten und opaken, durchscheinenden Materialien, so dass es bei Tag und Nacht – je nachdem, ob man Gegenlicht hat – unterschiedlich wirkt. Das Gebäude ist aus einem transparenten Material und so erscheinen die undurchsichtigen Teile wie hinter einem Schleier und die Kragen (Brüstungen der Dachterrasse) ebenfalls.
Es ist für uns immer eine Herausforderung und Absicht, dass wir in der Architektur ein Stück Mehrwert schaffen. Mehrwert war für uns, dort eine Skulptur zu entwerfen. Wir wollten ein Gebäude bauen, welches nicht nur das kann, was gefordert war, sondern möglichst noch mehr. Wir dachten uns, wir machen eine Tragstruktur, die möglichst weit spannt, damit man im Inneren keine Stützen und Träger benötigt. Bis auf den Aufzugsturm und eine weitere Stütze ist der Raum völlig frei einteilbar und kann völlig neu bespielt werden. Alle Räumlichkeiten haben wir auf einer Ebene untergebracht, so dass sich durch nicht tragende Trennwände Vorhänge jede beliebige Raumkonstellation erzeugen lässt. Das wurde damals auch von dem Preisgericht gewürdigt, dass unser Gebäude eben nicht ausschließlich ein für die KASIG nutzbares Gebäude ist, sondern auch für andere. Da war das Staatstheater natürlich naheliegend.

Wie hat denn das Bauvorhaben „Kombilösung“ die Gestaltung beeinflusst?
FW: Wir sind ja an dieser Kreuzungsstelle im Stadtraum. Der Turm wurde dadurch ein weiteres Motiv. Einmal wirkt ein Turm auf die Ferne für die Passanten, welche die Kriegsstraße oder die Ettlinger Straße benutzen. Abgesehen davon war das natürlich DIE markante Baustelle der Kombilösung, wo sich der Straßenbahntunnel und der Autotunnel kreuzen. Von dem Turm aus konnten die verschiedenen Baustadien nachvollzogen werden.
Und ein bisschen hat das Gebäude auch etwas von einer Sphinx, die sich aufrichtet und eine Blickrichtung in Szene setzt. Baumaschine, Sphinx, Hochzeitsschleier oder eine aus einem massiven Körper herausgeschälte Skulptur – ich finde schön, wenn so etwas mitschwingt, aber sich nicht aufdrängt. Im Wesentlichen ist es ja doch Architektur und was man mit Architektur darstellen oder ausdrücken kann. Wenn es dann gelingt, damit Emotionen zu wecken oder zur Diskussion aufzufordern oder zum Hinschauen anzuregen, dann finde ich das prima.

Eine Frage zum „Hugo-Häring-Preis“, mit dem Sie – neben Ihrer Prämierung für „Beispielhaftes Bauen“ – ausgezeichnet wurden.
FW: Der Hugo-Häring-Preis ist ein Preis des Bundes deutscher Architekten. Der BDA legt ganz besonderen Wert darauf, dass die Baukultur gefördert wird. In den BDA kann man nicht einfach rein, weil man da rein möchte, sondern man wird dazu berufen. Insofern ist das auch ein Qualitätszeichen, wenn man vom BDA einen Architekturpreis bekommt.

Die Zusammenarbeit Bauherr und Architekt wurde hier besonders betont…
FW: Das ist meine feste Überzeugung: Gute Architektur entsteht nur im Team. Da nützt ein guter Architekt allein nichts und da nützt auch ein guter Bauherr allein nichts, wenn der Architekt nicht gut ist. Es müssen einfach alle gut sein. Und sie müssen vor allem als Team gut funktionieren. Man kann gar nicht deutlich genug sagen: „Ein guter Bauherr ist mindestens so wichtig wie ein guter Architekt.“ Vielleicht sogar noch wichtiger, denn ein guter Bauherr sucht sich auch einen guten Architekten aus. Hingegen, wenn der Bauherr nicht weiß, worum es eigentlich in der Architektur geht oder was er für Möglichkeiten mit dem Geld hat, das er ausgibt… Ich erinnere an das Mehrwerte schaffen: Jedes gute Gebäude hat noch mehr Potential als das was ursprünglich gewünscht war. Erst durch die Auseinandersetzung mit der Bauaufgabe bekommt man heraus, was hier möglich ist.
Eine Idee bei dem „K.“ war auch, dass, wenn man ein Grundstück bebaut, dieselbe Fläche als begehbare Dachlandschaft nutzbar ist. Das ist so ein Mehrwert. Der steckt eigentlich nicht in der Aufgabe drin. Aber dann ergab sich diese Möglichkeit: Wenn das Gebäude in Betrieb ist, kann gleichzeitig jede*r, die*der Interesse hat, ohne die Veranstaltung zu stören, außen auf den Turm hochlaufen und den Ausblick genießen. (Anm.: Das ist im Augenblick aus Sicherheitsgründen leider nicht möglich.)

Habe ich das richtig gesehen, dass Ihr Facebook-Profil ein Foto der „K.“-Fassade ist?
FW: Ja genau, das ist ein Ausschnitt aus der Fassade. Das war an dieser Stelle reizvoll: Tagsüber ist diese Fassade geschlossen und nachts, wenn das Licht brennt, transparent.

Ist dieses Motiv repräsentativ für Ihre Haltung zur Architektur oder für die Grundhaltung des Büros?
FW: Der Infopavillon liegt uns tatsächlich sehr am Herzen. Damit haben wir uns von Anfang an stark identifiziert. Schon beim Wettbewerb dachten wir: Da ist uns etwas Gutes gelungen. Wir machen gerne solche kleinen speziellen Aufgaben, aber natürlich auch viel größere. Aber diese würde ich als Prototyp bezeichnen. Hier gibt es kein Vorgängergebäude. Das muss man echt erfinden. Im Wohnungsbau sind die Vorgaben streng. Da kann man nicht einfach mal ein paar Zimmer ohne Fenster lassen, weil es in der Fassade schön aussieht. Da müssen die Wohnungen gut funktionieren. Hier war das eine viel freier gestellte Aufgabe und das hat uns besonders viel Spaß gemacht, auch wenn wir mehr Geld mit größeren Gebäuden verdienen (lacht). Aber wir machen das, weil uns Architektur Spaß macht, weil wir von Architektur begeistert sind.