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Interview mit Roman Kühn, der Projektleiter der Firma Ed. Züblin AG, Direktion Karlsruhe
Lucas Bauer: Herr Kühn, könnten Sie sich bitte kurz vorstellen und erläutern, wie Sie zu diesem Projekt gekommen sind?
Roman Kühn: Ich bin Projektleiter in der Firma Ed. Züblin AG, Direktion Karlsruhe. Wir sind mit den Rohbauarbeiten für Modul 1 beauftragt. Zu den beauftragten Leistungen gehören neben den Beton-, Schal- und Bewehrungsarbeiten die Erstellung der tiefen Baugrube sowie Tiefbau-gehörige Erdarbeiten.
Hat Sie persönlich etwas an diesem Projekt gereizt?
Dieses Projekt ist für mich aus mehreren Gründen spannend. Wir begleiten es schon sehr lange; angefangen hat es mit dem Auftrag zur Herstellung der neuen Tiefgaragen-Zu- und Ausfahrts-Rampen und weiterführend mit dem Bau des Eingangsprovisoriums. Für jemanden, der im Bauwesen tätig ist, ist es auch immer etwas Besonderes an einem Bau, an einem Schauspielhaus, mitten in der Stadt Karlsruhe mit- wirken zu dürfen.
Der Entwurf des Schauspielhauses, an dem Sie arbeiten, stammt aus den 60er-Jahren – und ein solcher Gebäudeteil, unter anderem für das Kleine Haus, für den Sie nun im Rohbau verantwortlich sind, war im damaligen Entwurf bereits vorgesehen …
Genau, ein eigener Gebäudeteil für das Kleine Haus war schon im ursprünglichen Entwurf von Helmut Bätzner vorgesehen, wurde aber nicht realisiert. Das verleiht dem Projekt einen besonderen historischen Hintergrund.
Inwiefern bemerkt man beim Bau eigentlich, dass man an einem Kulturgebäude arbeitet?
Die grundlegenden Bauarbeiten unterscheiden sich zunächst nicht wesentlich von anderen Projekten. Es sind eher die Details wie die Gebäudegestaltung, die Betonqualitäten oder die Sichtfluchten, die sich abheben. Bei diesem Bauprojekt sind das Besondere aber vor allem die Schnittstellen zum Theater. Es ist eine enge, vertrauensvolle Abstimmung nötig, um gemeinsam zum einen die Bauaufgabe zu bewältigen, zum anderen den Theaterbetrieb parallel weiterlaufen zu lassen. Ansonsten sind die Unterschiede beim Bauen wahrscheinlich emotional begründet – das Gefühl, an einem solchen Theatergebäude beteiligt zu sein, macht Freude.
Diese Koordination zwischen Bau und Theaterbetrieb nimmt man natürlich auch aus dem Theater heraus als eine Herausforderung wahr. Wie sieht das aus Bau-Perspektive aus?
Die größte Herausforderung ist sicherlich die unmittelbare Nachbarschaft, da es eine zusätzliche Komponente im Bauen hereinbringt: Auf der einen Seite bauen wir Wand an Wand am Rohbau von Modul 1, auf der anderen Seite findet ein voller Theaterbetrieb statt. Damit das funktionieren kann, ist es wichtig zu verstehen, wie so ein Theaterbetrieb funktioniert. Dazu gehören zusätzliche Theaterproben tagsüber, die konsequente Trennung der Baustelle von öffentlichen Bereichen, die Freihaltung der Theaterzugänge und vieles mehr. Am Ende stimmt man sich mit der Betriebsleitung des Theaters eng ab, wo und wann welche Arbeiten, im Zweifel auch lärmintensive, statt- finden können.
Wie sehen solche Abstimmungen aus?
Grundsätzlich wurde mit dem Theater ein Zeitkorsett zur Ausführung der Rohbauarbeiten vereinbart. Abweichungen dazu werden im Rahmen der Baubesprechungen abgestimmt. Oft hilft auch der Griff zum Telefon. Besonders bei lärmintensiven Arbeiten ist eine gute Kommunikation zentral – das bedeutet miteinander reden und aufeinander zugehen.
Was mir an unserem Bauprojekt insbesondere gut gefällt, ist die Bereitschaft des Theaters, auf die Nöte der Baustelle einzugehen. Gerade die Flexibilität auf beiden Seiten, die auf gewachsenem gegenseitigem Vertrauen basiert, nehme ich als sehr positiv wahr.
Im Generellen haben wir die Vereinbarung, dass an 45 Tagen im Jahr nur baulärmfreie Arbeiten durchgeführt werden, sodass in dieser Zeit ein uneingeschränkter Probebetrieb auch vor 18 Uhr im Haus möglich ist.
Zusätzlich zur Abstimmung mit dem Theater finden die Arbeiten auch nicht auf einer freien Fläche statt. In den letzten Monaten war beispielsweise ein Longfront-Bagger hier, der Teilabrisse am Bestandsgebäude vornahm – was hat diese Bauphase ausgezeichnet?
Es ist immer sehr, sehr spannend, direkt an einem Bestandsgebäude zu arbeiten. Auch in diesem Fall mussten die Abrissarbeiten mit dem Longfront-Bagger mit viel Bedacht durchgeführt werden, um das Bestandsgebäude so zu bewahren, wie es die Planungen vorsehen. Die Arbeit im Innenstadtbereich mit großem Gerät ist eine Herausforderung, die aber auch Stand der Technik ist.
Gerade dieser Bauabschnitt ist aber auch ein gutes Beispiel der erfolgreichen Zusammenarbeit mit dem Theaterbetrieb. In einer vorher definierten spielfreien Zeit wurden plötzlich lärmintensive Arbeiten über einen längeren Zeitraum am Bestandsgebäude möglich. Mit diesem Wissen konnten erforderliche Abbrucharbeiten am Bestandsgebäude mit großem Gerät effizienter und schneller ausgeführt werden, super Sache.
Im Rahmen dieses Bauabschnitts war im vergangenen Winter Nachtarbeit nötig. Gehört auch das zu einer dieser spezifischen Herausforderungen?
Nachtarbeit ist im Baugewerbe nichts Ungewöhnliches. In diesem Fall musste das Fundament des Übergangsbereichs zwischen dem neuen und dem alten Gebäude mittels Düsen- strahlverfahren ertüchtigt werden. Wir haben diese lärmintensiven Arbeiten nachts ausführen müssen, um den Theaterbetrieb nicht zu stören.
Da lässt man sich mit der Erfahrung wahrscheinlich nicht mehr überraschen. Habensich dennoch Besonderheiten im Rahmen des Bauprojekts ergeben?
Wenn man das Theater mit gewöhnlichem Wohnungsbau vergleicht, gibt es schon einige. Hervorzuheben ist die erhöhte Anforderung an die Betonsichtqualität. Viele Betonflächen werden wie im Bestandsbau bewusst offengelassen, die im Theater später frei zugänglich sein werden. Das ist für uns technisch nicht ungewohnt, aber herausfordernd, in hoher Gleichmäßigkeit den besonderen Anforderungen gerecht zu werden …
… weil das sichtbare Außen-/ Innenfläche ist, die man ansonsten im abgeschlossenen Zustand gar nicht mehr sehen würde?
Genau, im Wohnungsbau würden Sie im Zweifel die Wände verputzen, mit Tapeten bekleben oder Sie setzen einen Trockenbau davor, sodass die Betonflächen am Ende versteckt sind. In diesem Gebäude haben wir viele Flächen, die bewusst sichtbar bleiben. Dementsprechend muss neben einer gleich- mäßigen vorgegebenen Betonfarbe auch eine gleichmäßige Betontextur und Schalungssymmetrie erreicht werden.
… was ja die gestalterischen Elemente des Entwurfs von Helmut Bätzner aus den 60er-Jahren fortführt. Bekommen Sie eine Resonanz, wie diese Baustelle wahrgenommen wird?
Dadurch, dass wir mitten in der Stadt bauen, die Finterstraße sperren mussten, begrenzen wir gewohnte Wege der Bevölkerung bzw. der Mitarbeitenden des Theaters. Aber generell habe ich das Gefühl, dass der Bau positiv wahr- genommen wird.
Entwickelt man im Rahmen eines solchen Projekts eigentlich auch einen Bezug zur Kulturinstitution, die das Gebäude einmal nutzen wird, das Sie gerade bauen?
Natürlich entwickelt man auch einen persönlichen Bezug zu diesem Theater. Das Arbeiten direkt am oder in direkter Nachbarschaft zum Theatergebäude und insbesondere die Zusammenarbeit mit den Menschen im Theater weckt auch Neugierde an den Veranstaltungen des Theaters. Unser Team hat die Kulturangebote hier vor Ort schon öfter wahrgenommen und genossen.
Insbesondere bereichernd ist die neugewonnene Perspektive auf Theaterproduktionen – durch den Bau haben wir Einblicke gewonnen, welcher Aufwand, welche Mühen und aufwendige Logistik hinter jeder Produktion stecken.
Herr Kühn, vielen Dank für das Gespräch